Im Januar 1999 begann für mich die Suche nach den Ursprüngen des Buddhismus in Indien.

Es sollte meine Diplomarbeit werden. Der erfolgreiche Abschluß meines Studiums der visuellen Kommunikation an der Fachhochschule für Design in Bielefeld. Doch bis dahin war noch ein weiter Weg zu gehen.

Vielen ist die Geschichte über den jungen Prinzen Siddharta vielleicht bekannt. Behütet aufgewachsen, ohne Kenntnis von Krankheit und Tod, verheiratet mit einer wunderschönen Prinzessin, hatte ihn seine Neugier ausserhalb der Mauern des Palastes gelockt. 

Dort begegnete er zum ersten Mal Alter, Krankheit und Tod. Vermutlich genau in diesem Moment faßte er den Entschluß den geschützten Raum des Palastes, seine Eltern, seine Frau und seinen Sohn zu verlassen, um sich auf den Weg zur Befreiung seines Geistes zu machen. Einige Jahre war er unterwegs, traf vermutlich heilige Männer und Frauen, Scharlatane und ganz gewöhnliche Menschen, die ihm ihre Weisheiten nahe brachten.

Alle Extreme führen ins Leid und so manches mehr. Eben diese Erfahrung machte auch ich. Die Geschichte des Buddha fesselte mich von Anfang an. Ich glaube vor allem, weil er sein Leben und seine Suche nach seinem Glück selbst in die Hand nahm und ganz bewußt und ohne Kompromisse an der eigenen Befreiung arbeitete.

Buddha, der im heutigen Nepal geboren und aufgewachsen war, führte seine Reise eines Tages nach Bodhgaya im indischen Bundesstaat Bihar. Einige hundert Kilometer von seinem Geburtsort Lumbini entfernt. Der Legende nach kam es hier zu dem Ereignis, der als die Erleuchtung Buddhas bezeichnet wird. Unter einem Feigenbaum sitzend, tat er den letzten Schritt zur Befreiung seines Geistes und von da an war er der BUDDHA. Kurze Zeit später begann er das Rad der Lehre zu drehen und auch mich trafen ca. 2500 Jahre danach die Wellen, die seine Lehre in Bewegung gesetzt hatte.

Bodhgaya heute ist mit dem historischen Ort der Erleuchtung des Buddha bestimmt schwer zu vergleichen. Damals war es vermutlich einfach ein unscheinbarer Ort, irgendwo in Bihar/Indien. Heute gibt es einen grossen Tempel, dort wo der Feigenbaum einst stand und viele Klöster und kleinere Tempel in der unmittelbaren Nähe. Meine Suche führte mich in das Kloster des tibetischen Gelugpa Ordens in Bodhgaya. Der wohl bekannteste Mönch dieses Ordens ist der Dalai Lama. Auch wenn er im Februar 1999 nicht dort war, so war sein Geist allgegenwärtig.

Im Kloster bewohnte ich ein sehr spartanisches Zimmer, mit Wasch- und Kochmöglichkeit auf einem kleinen Balkon. Um warm duschen zu können, erhitzte ich Wasser auf einem Gaskocher und kam so in den Genuss der „bucket shower“. Zwar war der Komfort gering, das Bett sehr hart, doch die Herzlichkeit und wohlige Atmosphäre im Kloster ein heilsames Bad für mich und somit eine 5 Sterne Unterkunft, zumindest auf meiner Skala der Lebensqualität.

Da Bodhgaya ein Pilgerort ist, an dem viele gläubige Buddhisten und auch Nicht-Buddhisten kommen, gab es bereits damals viele exotische Gebäude, Tempel und Klöster. Oberflächlich betrachtet war alles schön und heilig. Allerdings inspirierte mich nichts wirklich, die Oberfläche war mir in diesem Moment nicht genug. Ich spürte ganz deutlich, dass hier noch ein ganz anderer Schatz für mich begraben lag. Unabhängig davon hatte ich mich nicht auf ein vorher festgelegtes strenges Konzept verlassen wollen, also war ich wachsam und folgte meinen inneren Impulsen. Ich nutzte die Zeit und verbrachte sie mit den Mönchen des Klosters und vor allem mit Lama Shakya.

Zu Beginn meines Aufenthalts in Bodhgaya war mir noch nicht klar, wie ich eine fotografische Arbeit zu meinem selbstgewählten Thema bewerkstelligen sollte. Da ich mich nicht auf ein vorher festgelegtes strenges Konzept verlassen wollte, folgte ich meinen inneren Impulsen. 

An einem sonnigen Vormittag besuchten wir eine heilige Höhle, die zu diesem Zeitpunkt von hinduistischen Angestellten bewacht wurde. Der Ort wurde schon einige Male von Banditen überfallen und nun weigerten sich die Mönche dort zu übernachten. Beim Besuch der Höhle ergab es sich, daß Shakya aus einem Buch des Dalai Lama vorlas. Es war die Niederschrift einer Lehrrede aus den 80er Jahren.

Das Buch war in englischer Sprache und es ging darum, wie wichtig es ist einen Goodmind zu haben. Die tibetische Übersetzung für Goodmind ist Sem Sampo, was in die deutsche Sprache übesetzt soviel wie, ein gutes Herz besitzen oder gutherzig bedeutet.

So war der Titel der Arbeit bereits vor den Bildern selbst erschienen. Aber ich musste nicht lange warten, denn der Moment in dem die Idee zur Umsetzung meiner Fotokunst Arbeit kommen sollte war ganz nah und kam am an einem der darauffolgenden Tage.

Es war an einem Nachmittag im Kloster, ich saß im offenen Treppenhaus und genoss die wärmende Sonne, als aus einer der Türen der Mönche Minya mit von Mehl verschmierten Händen kam und einfach herzhaft und voller Natürlichkeit lachte. Dieser Moment war so wundervoll und das Lachen so kraftvoll, da war sie, die Idee. Mönche und ihr herzhaftes unkonditioniertes Lachen zu fotografieren erschien mir einfach genial und ich begann meinen Plan umzusetzen.

Zugegebenermassen war mein Bild von Mönchen aus meinem christlichen Kontext heraus eher verschlossen und fromm, statt strahlend und lachend. Deshalb war dieser Moment für mich umso einzigartiger. So kam es dazu, die Mönche in meinem Naturstudio, dem Dach des Klosters, bei tiefstehender Sonne zu portraitieren. Vor allem aber ihr Lachen in meine Heimat zu bringen und so mit vielen Menschen zu teilen.

Aber nicht nur ihr Lachen war mir wichtig. Die aussergewöhnliche Erscheinung der Mönche zeigte sich nicht nur in ihrem Lachen. Ihre Gesichter spiegelten wesentlich mehr Wesensmomente und ich versuchte sie so gut es mir möglich war zu dokumentieren.

Natürlich war mit der Fotografie der Mönche erst ein Teil meiner Arbeit getan. Sicherlich der wichtigste Teil, aber die Filme mussten noch entwickelt und ausgewertet werden. Auch dies brauchte seine Zeit, ich musste das Material ruhen lassen und wieder auf einen Moment der Eingebung warten der mich auf die Spur und die endgültige Form der FotoKunst Arbeit brachte.

Erst dann verbrachte ich ca. 2 Wochen permanent im Foto-Labor und printete die Ausstellung meiner Diplomarbeit mit dem Titel SEM SAMPO – 21 Portraits tibetischer Mönche.

Das war der Beginn vieler Ausstellungen, an meist sehr aussergewöhnlichen Orten.